27. Juli 2024

Architects Collective vergibt in Kooperation mit der TU Wien erstmals neuen Studentenpreis für Gesundheitsarchitektur

Wien/A (pm) -Feierlich wurden die Gewinner:innen des erstmals ausgelobten Architects Collective Student Award for Healthcare Architecture in Kooperation mit der Fakultät für Architektur und Raumplanung der TU Wien präsentiert und mit Preisgeldern in der Höhe von insgesamt 7.000 Euro prämiert.

Do you care? Do we care? Wie und wo planen wir für Menschen mit Pflegebedürfnissen?

Das Thema der ersten Auslobung lautete, wie und wo planen wir in Zukunft Lebensräume für Menschen mit Pflegebedürfnissen? „In Anbetracht zunehmender Überalterung westlicher Gesellschaften und dem stark wachsenden Pflegebedarf sollte herausgearbeitet werden, wie wir als Gesellschaft die Planung menschenwürdiger, ethischer, gesundheitsfördernder und leistbarer Lebensräume pflegebedürftiger Menschen in Zukunft sicherstellen wollen“, so Andreas Frauscher von Architects Collective. Der Student Award sollte gezielt dazu anregen, sich mit sozialen Herausforderungen zu beschäftigen und interdisziplinäre Lösungen zu finden.

Das Ziel war ein architektonisches bzw. planerisches Konzept für Raum bzw. Räume zur temporären oder dauerhaften Nutzung von Menschen mit Pflegebedürfnissen. Teilnehmer:innen aus dem gesamten deutschsprachigen Raum waren aufgerufen, eine Lösung zu entwickeln, die bewusst über klassische Entwürfe oder Systemgrenzen hinausdenkt. „Studierende und Absolventinnen sind eingeladen, Healthcare Architecture als spannendes Feld und gesellschaftspolitisch brisantes Thema zu entdecken. Mutige, innovative, unkonventionelle und interdisziplinäre Entwürfe sind willkommen und sogar ausdrücklich erwünscht“, betonte Richard Klinger von Architects Collective bereits in der Auslobung.

Eine gelungene Kooperation mit der TU Wien

Universitätsprofessor und Kooperationspartner der Auslobung Christian Kühn vom Institut für Gebäudelehre der TU Wien würdigt die Vielfalt der Einreichungen. „Besonders gefreut haben mich Projekte, die an die Aufgabenstellung nicht einfach als Gebäudeentwurf herangegangen sind, sondern systemisch. Das Ergebnis sieht dann in manchen Fällen gar nicht nach Healthcare Architecture aus, sondern vielleicht nach einem Gemeindezentrum mit einem Schwerpunkt Urban Gardening. Solche Ansätze lassen sich sehr leicht in Richtung Prävention weiterentwickeln. So entstehen neue Typen und es ist zu hoffen, dass die Zukunft der Healthcare Architecture von solchen typologischen Innovationen geprägt sein wird.“

Studiendekan der Fakultät für Architektur und Raumplanung, und Gastgeber des Abends, Norbert Trolf betonte die Wichtigkeit der Sensibilisierung von Universitäten und Studierenden für den Bereich Healthcare Architecture. „Als wir gefragt wurden, ob wir das Büro Architects Collective bei der Gestaltung dieses Preises unterstützen wollen, haben wir nicht lange gezögert, da das Thema Gesundheitsarchitektur schon seit längerem ganz oben auf unserer Agenda steht, und zwar weniger in der Lehre, sondern in der Forschung.“
Genau an diesem Punkt setze der Student Award for Healthcare Architecture an, so Norbert Trolf weiter. „Er soll für einen Bereich sensibilisieren, der sich in den nächsten Jahrzehnten sehr dynamisch entwickeln wird, durch die demographische Entwicklung, durch Fortschritte in der Medizin, aber auch durch neue Organisationsformen, denken Sie nur an die aktuelle Entwicklung der Primärversorgungszentren, die in Kombination mit anderen Nutzungen zu neuen baulichen Typen führen könnte. Wir freuen uns, mit unserer Unterstützung für den Student Award für Healthcare Architecture einen Beitrag zu dieser Entwicklung leisten zu dürfen.“

Überschaubare Teilnahme nach anspruchsvoller Auslobung

19 Entwurfsplakate sind im Auslobungszeitraum von April 2023 bis März 2024 fristgerecht aus Deutschland und Österreich eingegangen. Fünf Einreichungen holten sich nun das Preisgeld. Die Jury hob die überraschende Vielfalt der Entwürfe hervor, die Bandbreite der Qualität von Konzeption, städtebaulichem bzw. raumplanerischem Ansatz, Ausführung und Visualisierung ist groß. Die Beurteilung der Entwürfe erfolgte nach ausgelobten Kriterien wie architektonischem und städtebaulichem Konzept, Autonomiegrad der Nutzer:innen, Innovationsgrad, Transformation von Gebäude- und Quartierstrukturen, Ökologie und als Bonuspunkt der Bewertung Interdisziplinarität und dem Fokus auf Innovationskraft bzw. Systemgrenzen sprengenden Ansätzen.

Die Auslobung hatte dazu aufgerufen, innovative und unkonventionelle Lösungen zu entwickeln und damit ausdrücklich auch Systemgrenzen zu sprengen. Die konsequente Beantwortung der Design-Aufgabe gelang zur Gänze keinem der Entwürfe, kein Entwurf trat durch besonders hohe Innovationskraft hervor – was die breite und anspruchsvolle Aufgabenstellung widerspiegelt.

Die Ergebnisse

Umso mehr würdigte die Jury alle eingelangten Einreicher:innen für ihre konsequente Disziplin und Leistung bis zur pünktlichen Abgabe. Die Jury entschied einstimmig, dass kein erster Platz vergeben werde. An seiner Stelle prämierte die Jury zwei Entwürfe gleichwertig jeweils auf Platz 2, weiters einen dritten Platz, einen Anerkennungspreis und einen neuen Sonderpreis – als Würdigung eines besonders innovativen Ansatzes, der architektonisch noch wenig ausgearbeitet ist. Das ausgelobte Preisgeld in der Gesamthöhe von 7.000 Euro wurde neu aufgeteilt und zur Gänze vergeben.

2. Platz: Connected – Dach für Jung und Alt, Preisgeld 2.250 Euro

Dieser Entwurf für ein Pflegeheim in Hollabrunn mit konsequentem städtebaulichem Konzept von Marc Handel-Mazetti, Caroline Holzer und Klaus Pernsteiner von der FH Campus Wien punktet mit hoch detaillierter Ausarbeitung, gut überlegter Funktionalität und Orientierbarkeit, sowie Zwischenräumen, die sehr gute Verbindungen zwischen den Bereichen schaffen. Besonders hervorgehoben wird die gelungene Verbindung von Innen- und Außenraum, sowie öffentlichem und halböffentlichem Raum durch das Element der Rampen, wodurch viele qualitätsvolle Orte mit hoher Aufenthaltsqualität entstehen. Generell werden die Gestaltung und die Nutzbarkeit der Dachflächen sehr positiv bewertet. Hinsichtlich Ausarbeitung werden der hohe Detailierungsgrad und die klaren, intuitiv verständlichen Farbcodes besonders positiv hervorgehoben.

© Marc Handel-Mazetti, Caroline Holzer und Klaus Pernsteiner

2. Platz: Curare+Construere – Typ: König, Preisgeld 2.250 Euro

Dieser Entwurf von Monja Kulla, Hannah Watzke und Sophia Weber von der Technischen Universität Darmstadt zeichnet sich durch die intensive Auseinandersetzung mit dem Bestand auf einem denkmalgeschützten Kurbad im deutschen Königstein am Taunus aus. Hier findet ein schlüssiges städtebauliches Andocken und Verzahnen statt mit extrem dichter Darstellung. Unterschiedliche Nutzer:innergruppe werden adressiert und zur interaktiven Nutzung mittels QR-Code oder App eingeladen. Der Entwurf ist konzeptuell gehalten und erzählt eine Geschichte, bleibt in der Ausarbeitung mit konsequenter Ästhetik in der Plandarstellung aber keinesfalls oberflächlich. Die Geschichte ist anschlussfähig in viele Richtungen, die Spielfreude des Projekts zeigt vielversprechende Ansätze, die eine sehr gute Umsetzung erwarten lassen.

© Monja Kulla, Hannah Watzke und Sophia Weber

3. Platz: Halcyon Care Center, Preisgeld 1.250 Euro

Diagnose, Behandlung und stationärer Aufenthalt für ME/CFS und Long Covid Patient:innen sind hier unter einem Dach – im Projekt von Jana Complova und Klara Seligova von der Technischen Universität Wien. Der Entwurf setzt ein kräftiges gesellschaftspolitisches Statement für diese in der öffentlichen Wahrnehmung marginalisierte Patientinnengruppe. Vor diesem Kontext ist die selbstbewusste, starke Geste des Entwurfs genau richtig gewählt. Die Planung ist ausgezeichnet gelungen und sehr selbstbewusst, gut strukturiert und sehr gut präsentiert, als Betrachter:in wird man bestens mitgenommen. Die städtebaulich schwierige Situation einer engen Baulücke in Wien Meidling wird mit angrenzendem Park sehr gut genutzt und ist qualitativ und im Detail sehr gut ausgearbeitet. Terrassierungen sind vielseitig bespielbar und bieten geschützte Freibereiche. Dadurch wird die an sich dichte Baustruktur sehr gut aufgelockert.

© Jana Complova und Klara Seligova

Anerkennungspreis: Healthcare Generationszentrum am Süsterplatz, Preisgeld 750 Euro

Dieses Projekt von Lorena Meermeier von der FH Dortmund mit interessantem Nutzungs-Mix aus Café, Shop und Straßenzugang ist mitten im Leben und weist eine unaufgeregte, zurückhaltende und trotzdem einprägsam signifikante Architektur auf. Die Architektur ist sehr sauber und schön ausgearbeitet, die entwickelte Lösung bringt eine gewisse Selbstverständlichkeit in den Raum mit hohem Multiplikationspotenzial. Der Ansatz ist für diese im urbanen Raum sehr häufige Situation einer Baulücke im Stadtbild sehr spannend, das Entwicklungspotenzial ist hoch. Eine Untersuchung möglicher Vernetzung in den gesamten Block oder die Nachbarschaft der Bielefelder Altstadt wäre hier unter Umständen noch vielversprechend und spannend in der Beantwortung.

© Lorena Meermeier

Sonderpreis: Perma.Kult – Jung & Alt zusammen(-)wachsen, Preisgeld 500 Euro

Der innovative Ansatz von Darius Ludwig-Dinkel, Anna Elisa Panzer und Philipp Helio Spieß von der Bauhaus-Universität Weimar wird von der Jury besonders gewürdigt. Der Entwurf bildet noch keinen Pflegeort ab und ist noch wenig ausgereift. Konzepte wie diese, mit lokaler Produktion und der Einbindung von Menschen in ländlichen Gegenden, können der Vereinsamung sehr gut entgegenwirken. Der Ansatz könnte in die Struktur eines Pflegeortes bzw. in verschiedenartige Projekte integriert werden, denn seine präventive Wirkung von Pflegebedürftigkeit ist sehr hoch. Das Konzept trägt daher besonders hohes Potenzial für die Ernährungs-, Gesundheits- und Gemeinschaftsförderung – und ist damit ein sehr guter Baustein für vielfältige andere Projekte.

© Darius Ludwig-Dinkel, Anna Elisa Panzer und Philipp Helio Spieß

Architects Collective Student Award for Healthcare Architecture in Kooperation mit der TU Wien bringt Theorie, Forschung und Praxis zusammen

Architektur und Planung beschäftigen sich nicht nur mit ästhetischen und funktionalen Aufgaben, sondern global mit komplexen sozialen Fragen. Sie können ein Gefäß oder System schaffen, das neue und bessere Strukturen für eine Gesellschaft in permanenter Veränderung gestaltet und ermöglicht. Der Architects Collective Student Award for Healthcare Architecture in Kooperation mit der Fakultät für Architektur und Raumplanung der TU Wien will Theorie, Forschung und Praxis im Bereich der Planung für Gesundheitsbauten zusammenbringen – für eine Architektur, die den Interessenausgleich und die drängendsten Fragen unserer Zeit im Auge behält.

Gewinner des Architects Collective Student Award for Healthcare Architecture © Architects Collective

Der Preis lädt junge Talente ein, sich mit gesellschaftlichen Herausforderungen mittels den Disziplinen Architektur, Raumplanung, Städtebau und Landschaftsarchitektur zu beschäftigen und dies mit weiteren Disziplinen wie Medizin, Pflege oder Soziologie zu ergänzen. Der Preis lädt Studierende und junge Architekt:innen ein, Healthcare Architecture als spannendes Feld zu entdecken und als gesellschaftspolitisch brisantes Thema zu begreifen – Gesundheit, Genesung, Prävention und Plegebedürftigkeit betrifft uns alle. Jeder und jede kann im Laufe des Lebens kurz- oder langfristig Unterstützung und Pflege brauchen.

Quelle: Architects Collective ZT-GmbH