30. April 2024

Gebäudeenergieeffizienzrichtlinie: EU-Parlament einigt sich – Kommentare

Das Parlament nahm den Entwurf von Maßnahmen zur Steigerung der Renovierungsquote und zur Reduzierung des Energieverbrauchs und der Treibhausgasemissionen von Gebäuden an.
Die vorgeschlagene Überarbeitung der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden soll dafür sorgen, dass der Gebäudebereich in der EU zum einen bis 2030 wesentlich weniger Treibhausgasemissionen erzeugt und Energie verbraucht und zum anderen bis 2050 klimaneutral wird. Außerdem zielt sie darauf ab, dass erheblich mehr energieineffiziente Gebäude renoviert werden und der Austausch von Informationen über die Gesamtenergieeffizienz besser wird.

Emissionsreduktionsziele

Alle Neubauten sollen ab 2028 emissionsfrei sein. Für Neubauten, die Behörden nutzen, betreiben oder besitzen, soll das schon ab 2026 gelten. Außerdem sollen alle Neubauten bis 2028 mit Solaranlagen ausgestattet werden, sofern dies technisch möglich und wirtschaftlich vertretbar ist. Bei Wohngebäuden, bei denen größere Renovierungen nötig sind, bleibt dafür bis 2032 Zeit.

Auf einer Skala von A bis G – wobei die Energieeffizienzklasse G den 15 % der Gebäude mit den schlechtesten Werten im Gebäudebestand eines Mitgliedstaats entspricht – müssen Wohngebäude dem Vorschlag zufolge bis 2030 mindestens Klasse E und bis 2033 Klasse D erreichen. Nichtwohngebäude und öffentliche Gebäude müssen diese Energieeffizienzklassen bis 2027 bzw. bis 2030 erreichen. Verbessert werden muss die Energieeffizienz (durch Dämmmaßnahmen oder bessere Heizungsanlagen), wenn Gebäude verkauft oder in größerem Maßstab renoviert werden oder wenn ein neuer Mietvertrag unterzeichnet wird.

Die Mitgliedstaaten legen die Maßnahmen, die nötig sind, um diese Ziele zu erreichen, in ihren nationalen Renovierungsplänen fest.

Hilfe gegen Energiearmut

Diese nationalen Renovierungspläne sollten Förderprogramme enthalten, um den Zugang zu Zuschüssen und Finanzierungen zu erleichtern. Die Mitgliedstaaten müssen kostenlose Informationsstellen und kostenneutrale Renovierungsprogramme einrichten. Es sollte finanzielle Anreize geben, vor allem Gebäude mit besonders schlechter Energiebilanz grundlegend zu renovieren, und schutzbedürftige Haushalte sollten gezielte Zuschüsse und Beihilfen erhalten.

Ausnahmeregelungen

Für Denkmäler sollen die neuen Vorschriften nicht gelten. Ausnahmeregelungen können die EU-Staaten auch für Gebäude, die wegen ihres besonderen architektonischen oder historischen Wertes unter Schutz stehen, technische Gebäude, vorübergehend genutzte Gebäude sowie Kirchen und Gotteshäuser beschließen. Die Mitgliedstaaten können darüber hinaus Sozialwohnungen ausnehmen, bei denen Renovierungen zu Mieterhöhungen führen würden, die sich durch Energiekosteneinsparungen nicht ausgleichen lassen.

Das Parlament will es den Mitgliedstaaten ermöglichen, die neuen Zielvorgaben für einen bestimmten Teil der Gebäude anzupassen – je nachdem, ob die Renovierungen wirtschaftlich und technisch durchführbar und qualifizierte Arbeitskräfte verfügbar sind.

Zitat

Der Berichterstatter für die Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden, Ciarán Cuffe (Grüne/EFA, Irland), sagte: „Die steigenden Energiepreise haben den Schwerpunkt auf Energieeffizienz und Energiesparmaßnahmen gelegt. Die Verbesserung der Leistung der Gebäude in Europa wird unsere Rechnungen und unsere Abhängigkeit von Energieimporten verringern. Wir wollen, dass die Richtlinie die Energiearmut verringert, die Emissionen senkt und ein besseres Innenraumklima für die Gesundheit der Menschen schafft. Dies ist eine Wachstumsstrategie für Europa, die Hunderttausende von hochwertigen, lokalen Arbeitsplätzen im Baugewerbe, in der Renovierungsbranche und im Bereich der erneuerbaren Energien schaffen und gleichzeitig das Wohlbefinden von Millionen von Menschen in Europa verbessern wird.“

Nächste Schritte

Das Parlament nahm seinen Standpunkt mit 343 zu 216 Stimmen bei 78 Enthaltungen an. Es handelt nun mit dem Rat die endgültige Form der Vorschriften aus.

Hintergrundinformationen

Der Europäischen Kommission zufolge sind die Gebäude in der EU für 40 % unseres Energieverbrauchs und 36 % der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Am 15. Dezember 2021 nahm die Europäische Kommission einen Gesetzesvorschlag zur Überarbeitung der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden an, der Teil des Pakets „Fit für 55“ ist. Das europäische Klimagesetz vom Juli 2021 machte die Ziele für 2030 und für 2050 EU-weit rechtsverbindlich.

Quelle: Europäisches Parlament / weiterführende Informationen: https://www.europarl.europa.eu/news/de/press-room/20230310IPR77228/parlament-fur-klimaneutrale-gebaude-bis-2050


Kommentare


Sanierungspflicht braucht Anschub

Das Europäische Parlament hat heute in Straßburg seine Position zur Überarbeitung der Gebäudeenergieeffizienzrichtlinie festgelegt. Die Ziele des Parlaments sind ambitioniert. Das EU-Parlament setzt durch Mindestanforderung für die Gebäudeenergieeffizienz auf eine Sanierungspflicht für die ineffizientesten Gebäude.

„Für das Bauen im Bestand bringt die Sanierungspflicht einen großen Schub. Sie hat das Potenzial, die Sanierungsquote von aktuell circa einem Prozent endlich zu erhöhen und den Gebäudebestand effizienter zu machen. Aber: Sanierungen muss man sich leisten können, Hausbesitzer dürfen nicht überfordert werden. Für das Ziel der europäischen Politik, Gebäude auf diese Weise schrittweise in Richtung Klimaneutralität zu bringen, muss sie den politischen Preis zahlen. Das heißt, dass die finanziellen Mittel dafür auch bereitstehen müssen“, so Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie.

„Um Planungssicherheit für Unternehmen, Investoren und private Hausbesitzer zu erreichen, sollten die Parameter, welche Gebäude in welchem zeitlichen Rahmen betroffen sein werden, klar gesetzt werden. Staatliche finanzielle Unterstützung muss daraufhin zielgerichtet eingesetzt werden, um die Kostenbelastungen abzufedern. Darüber hinaus ist es wichtig, dass die Politik technische und administrative Hilfestellungen zur Umsetzung anbieten. Nur unter diesen Voraussetzungen kann die geplante Sanierungspflicht des Europäischen Parlaments schrittweise gelingen.”

Ein Schlüssel für eine effiziente Steigerung der Sanierungsquote sind vor allem Quartiersansätze, bei denen eine Vielzahl von Gebäuden saniert, an effiziente Heiz- und Kältesysteme und Netze angeschlossen oder Gemeinschaften zur Nutzung von erneuerbaren Energien aufgebaut werden. In Anbetracht knapper Ressourcen für die flächendeckende Sanierung muss ein besonderes Augenmerk auf diejenigen Quartiere gelegt werden, die sich effizient und unter Nutzung von Skaleneffekten im Rahmen von Lösungen des seriellen Sanierens ertüchtigen lassen. Nur mit einer umfassenden und technologieoffenen Strategie für den gesamten Gebäudebestand lassen sich die ambitionierten Klimaziele erreichen.

Quelle: Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e.V.

ZIA sieht in Europäischer Gebäudeenergierichtlinie die Gefahr von Überforderung. Und: „Gewerbeimmobilien nicht schlechter stellen“

Der Spitzenverband der Immobilienbranche, ZIA, sieht in der heutigen Verabschiedung der Position des Europäischen Parlaments zur Gebäudeenergieeffizienzrichtlinie die Chance, der europäische Klimaneutralität bis 2050 entscheidend näher zu kommen. Der ZIA weist zugleich jedoch auf die Gefahr hin, dass bei der Ausgestaltung der EPBD (Energy Performance of Buildings Directive) beim Anforderungsniveau Augenmaß verlorengeht.

„Gebäude emittieren etwa 38 Prozent des CO2 in der EU. Deshalb liegt hier eine zentrale Stellschraube des Green Deals“, sagt ZIA-Präsident Dr. Andreas Mattner. „Die Immobilienwirtschaft unternimmt immense Anstrengungen, um dieser Verantwortung gerecht zu werden und weitere Fortschritte zu erzielen.“ Zugleich sieht der ZIA aktuell Probleme, wenn die Fristen für die Mindesteffizienzstandards (MEPS) zu schnell kommen und zu ambitioniert sind. „Die EPBD greift mit den Mindesteffizienzstandards umfassend in den Gebäudebestand ein. Das erfordert eine differenzierte und sachgerechte Ausgestaltung – in ökonomischen Krisenzeiten gilt das erst recht“, mahnt Mattner.

Besonders kritisiert der ZIA die ungleiche Behandlung von Gewerbeimmobilien gegenüber den Wohnimmobilien bei den Mindesteffizienzstandards (MEPS). „Es wird suggeriert, dass die Einhaltung der MEPS bei Nichtwohngebäuden einfacher ist als bei Wohngebäuden“, sagt Mattner. „Das ist aber aufgrund der Komplexität und Heterogenität der Nichtwohngebäude nicht der Fall.“ Das müsse „unbedingt geändert werden“.

Von großer Bedeutung ist zudem die Mobilisierung privaten Kapitals für die Renovierungswelle. Daher weist der ZIA darauf hin, dass die Taxonomie stärker mit der EPBD zusammengedacht werden muss.

Quelle: Zentrale Immobilien Ausschuss e.V. (ZIA)

DENEFF fordert Sanierungsgipfel zur Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie

Das EU-Parlament hat heute seine Position zur Novelle der europäischen Gebäuderichtlinie (EPBD) festgelegt. Die Anträge der rechtsextremen ID-Fraktion und der FDP, die eine Neuverhandlung der Richtlinie nötig gemacht hätten, wurden mit großer Mehrheit abgelehnt. Ein essentieller Baustein der Richtlinie ist die Einführung von Mindest-Effizienzstandards für die schlechtesten Bestandsgebäude (MEPS), die hiermit nun alle EU-Institutionen befürworten. Die Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz e.V. (DENEFF) begrüßt dieses Votum als eine gute Grundlage, um nun zeitnah in den Trilog der EU-Institutionen zu gehen und die Details der Ausgestaltung zu klären. Das heutige Votum sei ein wichtiger Zwischenschritt zu deutlich mehr Planungssicherheit für alle Beteiligten der Bauwirtschaft, der Industrie und des Handwerks. Diese sei essentiell, um ernsthaft mit dem Kapazitätsaufbau beginnen zu können.

Laut Verband gebe die Richtlinie einen wichtigen Impuls für die deutsche Energiepolitik, da klar sei, dass der Verbrauch der Gebäude runter müsse und dies vor allem durch energetische Modernisierung möglich sei. Der alleinige Fokus auf erneuerbare Heiztechnologien reiche nicht aus.

“Eine gute Nachricht für Energieverbraucherinnen und -verbraucher. Mit der EU-Richtlinie am Horizont ist es für die Bundesregierung höchste Zeit, ein stimmiges Gesamtkonzept zur Erreichung der Klimaneutralität des Gebäudesektors und bezahlbare Wärme aufzustellen, welches die energetische Sanierung und als notwendiges Komplementär zu erneuerbaren Heiztechnologien berücksichtigt.”, sagt Christian Noll, geschäftsführender Vorstand der DENEFF.

Die DENEFF fordert daher einen zeitnahen Sanierungsgipfel der Bundesregierung, auf dem die zuständigen Minister für Wirtschaft und Klimaschutz Robert Habeck, die Ministerin für Bauen Klara Geywitz und der Finanzminister Christian Lindner einen konkreten Fahrplan zur Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie festlegen.

Quelle: Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz e. V. – DENEFF

EU-Gebäuderichtlinie überfordert Immobilienbesitzer – Zwangssanierungen sind realitätsfern und schaden der Akzeptanz beim Klimaschutz

Der BFW Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen kommentiert die geplante EU-Gebäuderichtlinie, die heute dem EU-Parlament zur Abstimmung vorlag.

„Die Gebäuderichtlinie lehnen wir klipp und klar ab. Hier herrscht absolute Realitätsverweigerung auf Seiten der EU, weil in wenigen Jahren die Hälfte der Gebäude europaweit saniert werden sollen. Sie überfordert Immobilienbesitzer durch die Zwangssanierungen vollkommen. Sie ignoriert auch die aktuelle Lage. Immobilienbesitzern würden Kosten aufgebürdet, die sie allein nicht stemmen können. Es ist zudem völlig illusorisch zu glauben, es wäre personell und finanziell möglich, in dieser kurzen Zeit derart viele Gebäude zu sanieren.“

„Fachpersonal fehlt überall. Die Baukosten sind explodiert. Hohe Inflation und das gestiegene Zinsniveau erschweren die Lage zudem. Wir dürfen nicht vergessen: besonders die oftmals älteren Hauseigentümer bekommen keinen Kredit mehr, um Sanierungen finanzieren zu können.“ erklärte BFW-Präsident Dirk Salewski in Berlin.

„Was sozial nicht tragfähig und wirtschaftlich nicht darstellbar ist, ist auch nicht nachhaltig – das gilt auch hier. Bundesbauministerin Geywitz hat erkennen lassen, dass sie es genauso sieht. Nicht alles Wünschbare ist machbar, sagt sie und damit hat sie recht. Diese Richtlinie darf sich nicht durchsetzen“, so der BFW-Präsident.

„Am Ende zahlen die Zeche doch Mieter und Hausbesitzer. Die gigantischen entstehenden Kosten durch die Folgen der geplanten Novelle des Gebäudeenergiegesetzes und dieser EU-Gebäuderichtlinie sind nicht finanzierbar. Nicht für die Bürgerinnen und Bürger und langfristig auch nicht für die Staatskasse“, sagte Salewski.

„Klimaschutz muss mit Augenmaß und Weitblick umgesetzt werden, nicht mit der Brechstange und nicht mit Vorhaben, die zu sozialen Verwerfungen führen“, mahnte Dirk Salewski.

Quelle: BFW Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen

EU-Gebäuderichtlinie: Zwangssanierungen schaden dem Gemeinschaftsprojekt Klimaschutz – sozial gerechte Umsetzung ist geboten

Das Europäische Parlament stimmt heute über die EU-Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden ab. Laut den aktuellen Entwürfen will die EU den bestehenden Wohn- und Nichtwohngebäuden in Europa massive Sanierungspflichten auferlegen. Bis 2030 müssten Wohngebäude dann mindestens die Energieeffizienzklasse E und bis 2033 die Klasse D erreichen. Neue Gebäude sollen bis 2028 zudem Nullemissionshäuser sein.

Dazu Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW:

„Die Vorschläge des Europaparlaments sind absurd. In gerade einmal neun Jahren müsste fast die Hälfte aller Gebäude in der gesamten EU saniert werden. Dabei herrscht schon jetzt ein massiver Material- und Fachkräftemangel, die Preise rund um das Bauen und Sanieren explodieren und auch die Zinsen steigen weiter. Für die absurd hohen Ziele müssten pro Jahr mindestens 125 Mrd. Euro investiert werden. Das wäre eine Verdreifachung der bisherigen Summe. Die ganz große und absolut unbeantwortete Frage ist, wer das finanzieren und wo dieses Geld herkommen soll.

Die sozial orientierten Wohnungsunternehmen, aber insbesondere auch die vielen Einzeleigentümer von Ein- und Zweifamilienhäusern können das finanziell nicht stemmen. Vielen Wohnungsunternehmen würde das Geld ausgehen, weil sie nicht über ausreichend Eigenkapital verfügen und die Zinsen für Kredite steigen. Zudem ist die Sanierung in diesem Tempo realitätsfern und nicht annähernd zu schaffen, weil es für eine solch rasante Umgestaltung des Wohnungsbestandes an Handwerkskapazitäten fehlt. Der Wettbewerb um Handwerker wird die Preise weiter in die Höhe treiben.

Insbesondere Eigentümer im fortgeschrittenen Lebensalter wären völlig aufgeschmissen. Sie bekommen oft gar keinen Kredit mehr. Dabei summiert sich der Einbau von Wärmepumpe, neuen Heizkörpern, Dämmmaßnahmen und einem Solardach schnell auf 80.000 Euro oder mehr. Gefördert wird der Heizungsaustausch derzeit mit einer Übernahme von 25 Prozent der Kosten im Normalfall bis 35 Prozent bei ineffizienten Heizungen. Beim Einbau besonders umweltfreundlicher Wärmepumpen werden je nach ausgetauschter Heizungsart 30 bis 40 Prozent der Kosten übernommen. Bei förderfähigen Gesamtkosten von 60.000 Euro fallen beim Heizungstausch Beträge in der Größenordnung von rund 36.000 bis 42.000 Euro an, die individuell getragen werden müssen und in der Regel höher ausfallen können. Das kann sich kaum einer leisten.

Die Zwangssanierungen kosten unendlich viel Geld und es ist nicht ansatzweise klar, wie die EU und die Bundesregierung das angemessen unterstützen könnten, um zahllose Besitzer und Mieter nicht völlig zu überfordern. Die Ersparnisse bei den Energierechnungen kompensieren die Sanierungskosten nicht annähernd.

Die sozial orientierte Wohnungswirtschaft steht hinter den Klimaschutzzielen und modernisiert ihren Gebäudebestand seit langem Schritt für Schritt, damit mit erneuerbaren Energien geheizt werden kann. Aber bei der Erreichung der Ziele muss eines klar sein: Es geht nicht mit dem Kopf durch die Wand. Werden die Pläne aus Brüssel und Berlin umgesetzt, haben es alle, die wohnen, mit Zwangssanierungen zu tun. Dann erleben viele Menschen Klimaschutz zu Recht als Bedrohung und die Stimmung könnte kippen.

Die Bundesbauministerin hat sich bereits kritisch zu den EU-Sanierungszwängen geäußert und Nachbesserungsbedarf angemeldet. Es gilt, nach den richtigen Worten der Ministerin, immer vom Machbaren und nicht allein vom Wünschbaren auszugehen. Damit liegt es jetzt vor allem an den Mitgliedern des Rates der Europäischen Union und an Minister Habeck, das Ruder noch herumzureißen und für machbaren, finanzierbaren und sozial gerechten Klimaschutz zu sorgen.“

Quelle: GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen

VNW-Direktor Andreas Breitner: Umsetzung der Energieeffizienzregeln des EU-Parlaments kostet die norddeutsche Wohnungswirtschaft bis zu sieben Milliarden Euro im Jahr und treibt gemeinwohlorientierte Vermieter in die Krise

Hamburg/Kiel/Schwerin (pm) – Die Umsetzung der vom EU-Parlament beschlossenen strengen Energieeffizienzregeln bis 2033 dürfte nach ersten Berechnungen in Norddeutschland in den kommenden zehn Jahren etwas mehr als 70 Milliarden Euro kosten.

„Das wären bis zu sieben Milliarden Euro im Jahr“, sagt Andreas Breitner, Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW). „Diese Summe verschlägt einem die Sprache und macht deutlich, vor welch‘ großen Problemen die Wohnungswirtschaft und der Staat stehen. Woher das Geld kommen und wie künftig bezahlbare Mieten garantiert werden sollen – das steht im Augenblick in den Sternen. Die EU-Pläne zwar energetisch transparent, aber technisch aufwändig und extrem teuer.“

Um innerhalb der EU bis zum Jahr 2050 Klimaneutralität zu erreichen, sollen Gebäude mit besonders schlechter Energieeffizienz saniert werden. Dem Beschluss des Parlaments zufolge sollen Wohngebäude bis 2030 mindestens die Energieeffizienzklasse „E“ und bis 2033 die Energieeffizienzklasse „D“ erreichen. Betroffen von den geplanten Neuregelungen sind europaweit schätzungsweise 35 Millionen Gebäude. Ähnlich wie bei Haushaltsgeräten soll die Energieeffizienz auf einer Skala von „A“ bis „G“ angegeben werden.

„Nach dem Willen des EU-Parlaments wären die energetisch schlechtesten 15 Prozent aller Gebäude damit faktisch von einem Sanierungszwang betroffen“, sagt VNW-Direktor Andreas Breitner. „Wir gehen sehr konservativ geschätzt von durchschnittlichen Sanierungskosten von 1500 Euro pro Quadratmeter aus. In Hamburg kämen wir damit auf Kosten von 11,8 Milliarden Euro, in Schleswig-Holstein auf Kosten von rund 25 Milliarden Euro und in Mecklenburg-Vorpommern auf rund 12,4 Milliarden Euro Investitionsbedarf bis zum Jahr 2033. Selbst großzügige öffentliche Förderprogramme stoßen da rasch an ihre Grenzen. Wo soll das Geld dafür herkommen?“

Breitner wies zugleich darauf hin, dass der Vorschlag des EU-Parlaments bisher am weitesten geht. Ende 2021 hatte die EU-Kommission und im vergangenen Jahr hatten die Mitgliedsstaaten eigene Vorschläge unterbreitet, die wegen einer anderen Betrachtungsmethode vermutlich niedrige Kosten zu Folge hätten.

Viele offene Fragen hinsichtlich der Kriterien für die Auswahl der betroffenen Gebäude und hinsichtlich der genauen Definition des gesetzlichen Ziels führen aktuell zu großer Verunsicherung über die praktischen und wirtschaftlichen Auswirkungen der novellierten Richtlinie.

„Es kommt jetzt darauf an, dass die Bundesregierung im Geleitzug mit den Bundesländern auf EU-Ebene das Schlimmste verhindert. Klimaschaden ist immer teurer als Klimaschutz. Allerdings darf dieser nicht dazu führen, dass Millionen Menschen sich ihre Wohnung nicht mehr leisten können. Wir haben in den vergangenen Wochen erlebt, wie sensibel die Menschen auf Vorschläge zur Wärmewende reagieren. Verunsicherung kann schnell in Ablehnung umschlagen. Für die Zukunft des bezahlbaren Wohnens im Norden hiesse die 1:1 Umsetzung der EU-Gebäude-Pläne: Treffer versenkt!“

Quelle: Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW)