13. Oktober 2025

Denkmalgerechte Grundinstandsetzung der Neuen Nationalgalerie

Blick von der Potsdamer Straße© Simon Menges

Berlin (pm) – Die Neue Nationalgalerie in Berlin ist eine Ikone der Architekturgeschichte des 20. Jahrhunderts. Ludwig Mies van der Rohe plante und verwirklichte den Stahl-Glas-Bau von 1963 bis 1968 als sein einziges Projekt in Europa nach seiner Emigration in die USA. Das unter Denkmalschutz stehende Gebäude benötigte nach fast fünfzig Jahren der intensiven Nutzung eine umfassende Grundinstandsetzung. Die bestehende Substanz wurde unter Erhaltung des bauzeitlichen Erscheinungsbildes instandgesetzt und ertüchtigt. Modernisierungen verbessern die Barrierefreiheit, das Handling der Kunst sowie Service-Einrichtungen für Besucher wie Garderobe, Café und Museumsshop. Klimatisierung, Kunstlicht und Sicherheit wurden heutigen technischen Standards angepasst.

“Ein Gebäude von solch unantastbarer Autorität zu zerlegen war eine merkwürdige Erfahrung, aber ein Privileg. Die Neue Nationalgalerie hat für meine Arbeit und die vieler anderer Architekten Maßstäbe gesetzt. Hinter die Fassade zu blicken hat ihre Genialität und zugleich ihre Mängel offenbart, jedoch meine Bewunderung für Mies‘ Vision nur verstärkt. Unsere Arbeit war daher von chirurgischer Natur. Sie befasste sich mit technischen Belangen, um seine Vision zu schützen. Ein solches Unterfangen, in einem Gebäude in dem man nichts verstecken kann, ist einschüchternd, aber wir hoffen den Patienten dem Anschein nach unberührt entlassen zu haben – nur in viel besserem Zustand.”, so David Chipperfield.

Für die umfangreiche Sanierung der Stahlbeton-Konstruktion sowie der Kompletterneuerung der technischen Gebäudeausrüstung waren tiefe Eingriffe erforderlich: Um den Rohbau freizulegen, wurden rund 35.000 originale Bauteile demontiert, darunter die Natursteinplatten im Sockelbereich sowie sämtliche Bauteile der Innenausstattung. Nach ihrer Restaurierung und, soweit erforderlich, Modifikation wurden die einzelnen Bauteile wieder an ihre ursprüngliche Position zurückgeführt.

“Es ging um den Erhalt der Aura und nicht um die Wiedergewinnung eines Bildes. Die Instandsetzung der Nationalgalerie akzeptierte prinzipiell Alterung und Gebrauchsspuren des Vorhandenen, sofern die visuelle Erscheinung und die Gebrauchsfähigkeit des Hauses dies erlaubten.”, so Alexander Schwarz, Partner und Design director, David Chipperfield Architects Berlin.

Im Mittelpunkt des Planungsprozesses stand der angemessene Interessensausgleich zwischen Denkmalschutz und Nutzung als moderner Museumsbetrieb. Dabei mussten die unumgänglichen Eingriffe damit in Einklang gebracht werden, so viel originale Substanz wie möglich zu erhalten. Die unverzichtbaren Ergänzungen ordnen sich den gestalterischen Vorgaben des Bauwerks unter, sind jedoch als zeitgenössische Elemente diskret ablesbar. Es ging bei dem Bauvorhaben nicht um eine Neuinterpretation, sondern um eine respektvolle Sanierung eines Hauptwerks der Internationalen Moderne.

“Dieses Bauvorhaben war in vielerlei Hinsicht bemerkenswert: die Ernsthaftigkeit, mit der selbst scheinbar marginale denkmalpflegerische Fragen von allen Beteiligten diskutiert wurden, die hohe Wertschätzung der materiellen Substanz, die differenzierte Abwägung der unterschiedlichen Interessen und Belange sowie die explizite Botschaft, dass nach Abschluss der Baumaßnahme nicht mehr zu sehen ist als ein mit großer Sorgfalt instandgesetztes Hauptwerk der späten Moderne. Es gab kein Versprechen auf neuen Glanz, keine Verheißung neuer Qualitäten, keine Neu-Interpretation oder ästhetische Auffrischung. Nur eine denkmalgerechte Grundinstandsetzung des letzten Werks von Ludwig Mies van der Rohe.” , so Martin Reichert, Partner und Managing director, David Chipperfield Architects Berlin.

Pressemitteilung: David Chipperfield Architects Gesellschaft von Architekten mbH