23. April 2024

Stimmen zur Grundsteuerreform

GdW: Flächenmodell ist die einzige praktisch umsetzbare Lösung

Berlin (pm) – Es berät die Finanzministerkonferenz die Grundsteuerreform. Der GdW appelliert an die Politik, sich auf ein Modell zu einigen, welches Mieter und Vermieter möglichst wenig belastet und ohne völlig überzogenen Bürokratieaufwand umsetzbar ist.
Im April hatte das Bundesverfassungsgericht das System der Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt. Die Grundsteuer muss nun spätestens bis zum 31. Dezember 2019 reformiert werden. Wenn dies gelingt, dürfen die derzeit geltenden Regeln für weitere fünf Jahre, längstens aber bis zum 31. Dezember 2024, angewandt werden. Bundesfinanzminister Scholz diskutiert mit den Länderfinanzministern zwei alternative Vorschläge – ein flächenorientiertes sowie ein ertragswertorientiertes Modell, in welches insbesondere die Nettokaltmiete, die Wohnfläche, das Baujahr und die Bodenrichtwerte einfließen sollen. Dabei sollen die Werte alle sieben Jahre aktualisiert werden.
„Das von Bundesminister Scholz bevorzugte Ertragswertmodell droht dabei zu einem bürokratischen Monster zu werden“, erläuterte Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW. Das Verfahren ist so komplex, dass sowohl die Wohnungsunternehmen als auch die Finanzverwaltung vor schier unlösbare Herausforderungen gestellt werden würden. Der notwendige Verwaltungsaufwand stünde in keinem Verhältnis zum Grundsteueraufkommen. „Darüber hinaus drohen in den sowieso schon belasteten Ballungsräumen massive Grundsteuererhöhungen“, so Gedaschko. Das Scholz-Modell sieht einen Mindestwert für die Bemessung der Grundsteuer von 80 Prozent des Bodenwerts vor. Das führt in den großen Hotspots wo die Bodenwerte sehr hoch sind dazu, dass insbesondere bei Objekten mit sehr moderaten Mieten häufig der Mindestwert zum Ansatz kommt. In der Folge zieht die Grundsteuer genau dort massiv an, wo die Wohnungsunternehmen in guten Lagen bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung stellen.
Die Wohnungswirtschaft appelliert daher an die Politik, sich für ein Flächenverfahren zu entscheiden, das allein auf die Grundstücks- und Gebäudeflächen abstellt. Das wäre einfach zu berechnen und kaum streitanfällig. Außerdem würden regelmäßige und bürokratische Neubewertungen wegfallen. „Dazu gibt es eigentlich keine Alternative – es sei denn, man schafft die Grundsteuer ganz ab“, so Gedaschko.

Quelle: GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V.

 

ZIA zur Grundsteuer: Verfassungsrechtliche Bedenken gegen Umlageverbot und wertabhängiges Modell

Berlin (pm) – In der Diskussion über ein mögliches Verbot der Umlagefähigkeit der Grundsteuer äußert der Augsburger Professor Gregor Kirchhof massive verfassungsrechtliche Bedenken. In einem vom ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss, Spitzenverband der Immobilienwirtschaft, in Auftrag gegebenen Gutachten zweifelt Kirchhof daran, ob für diese Gesetzesänderung überhaupt der Bund zuständig ist. Zudem seien dem Gutachten nach Eingriffe in die zahlreichen bestehenden Mietverhältnisse „angesichts der ausgeübten Eigentümer- und Vertragsfreiheit verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen.“ Neben dieser verfassungsrechtlichen Kritik könnten laut Kirchhof langfristig die Folgen des Verbots ein Rückgang von Wohnraumangeboten und eine Steigerung der Mieten sein.

„Nach bereits breiter Kritik an der ökonomischen Sinnhaftigkeit eines solchen Verbots zeichnet sich nun auch ab, dass ein Verbot der Umlagefähigkeit verfassungsrechtlich höchst bedenklich wäre“, sagt Dr. Andreas Mattner, Präsident des ZIA. „Befürworter eines solchen Verbotes sollten von entsprechenden Überlegungen Abstand nehmen.“

Weitere verfassungsrechtliche Kritik am wertabhängigen Grundsteuer-Modell

In dem Gutachten kritisiert Kirchhof auch das vom Bundesfinanzministerium vorgelegte wertabhängige Reformmodell. Er kommt zu dem Schluss, dass die Bemessung nach der vereinbarten Miete „ersichtlich gleichheitswidrig“ sei. Zudem orientiere sich der Reformvorschlag in seiner Ausrichtung auf den Grundstückswert „zu sehr an der Vermögensteuer“. Das wertabhängige Mietmodell würde demnach das Grundgesetz verletzen.

„Neben die vielerorts kritisierte Komplexität des wertabhängigen Modells treten nun auch noch erhebliche verfassungsrechtliche Zweifel“, so Mattner. „Es überrascht nicht, dass das wertabhängige Modell mittlerweile von mehreren Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik abgelehnt wird – zuletzt sogar vom eigenen Koalitionspartner. Angesichts der kurzen Frist des Bundesverfassungsgerichts müssen wir jetzt schnell gemeinsam eine vernünftige und verfassungsfeste Lösung für ein Reformmodell finden. Weitere Vorschläge sollten sich an den Interessen der Beteiligten – darunter die Mieter und Nutzer der Immobilien – orientieren.“

Wertabhängiges Modell spricht gegen einfache Bewertungsregeln

Kirchhof mahnt in dem Gutachten an, dass bei einer Erhöhung der Grundsteuer für einzelne Steuerpflichtige diese Mehrbelastungen „das Maß des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit wahren“ müssten. Darüber hinaus brächte das vom Bundesfinanzministerium bislang favorisierte Modell einen „erheblichen Verwaltungsaufwand“ mit sich, der die verfassungsgerichtliche Mahnung, einfache Bewertungsregeln zu setzen, „ersichtlich nicht befolgt“. Kirchhof warnt außerdem in dem Gutachten vor einer juristisch nicht sauberen Vermengung der Gründe für die Erhebung der Grundsteuer. Eine grundsteuerliche Bewertung nach dem Ertrags- oder Verkehrswert von Grund und Boden, wie im favorisierten Modell des Finanzministeriums vorgesehen, sei “nicht realitätsgerecht“ und liege „zu nah an der Vermögensteuer“. Das Bundesverfassungsgericht habe aber dem Gesetzgeber aufgegeben, die Grundsteuer von der Vermögensteuer zu unterscheiden. Die Grundsteuer ist daher als Äquivalenz- und Objektsteuer zu entwickeln. Das bedeutet, dass die Grundsteuer vor allem eine Gegenleistung für die zahlreichen Angebote sein soll, die Gemeinden den jeweiligen Eigentümern und Mietern einer Immobilie zur Verfügung stellen – wie etwa Kindergärten, Schulen und Sportstätten.

Für Kirchhof drängt das Verfassungsrecht zum zweiten Vorschlag von Olaf Scholz, dem Flächenmodell. Dieses würde die „Steuerlast und Steuereinnahmen beständig, rechtssicher und nachvollziehbar“ regeln. „Die öffentliche Hand könnte dieses System in aller Regel aus eigener Kenntnis leicht, rechtssicher, gleichheitsgerecht und auch rechnergestützt anwenden.“ Die Finanzminister der Länder und der Bundesfinanzminister werden am kommenden Montag über die Reform der Grundsteuer beraten.

Quelle: Zentrale Immobilien Ausschuss e.V.

 

Fertighausbaubranche kritisiert Grundsteuerpläne

Berlin / Bad Honnef (pm) – Die Hausbaubranche sieht in der von Bundesfinanzminister Olaf Scholz vorgeschlagenen Reform der Grundsteuer eine Belastung nicht nur für Mieter, sondern auch für die Selbstnutzer von Einfamilienhäusern. „Selbstnutzer erzielen durch steigende Vergleichsmieten weder Einnahmen, noch profitieren sie von einer Wertsteigerung ihres Hauses. Es wäre daher völlig falsch, private Eigenheime auf der Grundlage einer fiktiven Miete zu besteuern“, sagt der Präsident des Bundesverbandes Deutscher Fertigbau (BDF), Johannes Schwörer.

Rund 100.000 Einfamilienhäuser werden pro Jahr in Deutschland gebaut und zumeist von den Eigentümern selbst bewohnt. Bei ihnen handelt es sich oft um junge Familien, die Wohneigentum auf Kredit bilden. „Damit stünde das Wertmodell der Grundsteuer auch im Widerspruch zur staatlichen Wohneigentumsförderung, beispielsweise dem Baukindergeld“, so Schwörer. Ein wichtiger Anreiz für die Wohneigentumsbildung ist die Unabhängigkeit von steigenden Mieten.

Die Fertigbaubranche fordert außerdem, die im Koalitionsvertrag vereinbarte „Grundsteuer C“ für unbebaute Grundstücke umzusetzen. „In Deutschland wird zu wenig bezahlbarer Wohnraum geschaffen, weil zu wenige Grundstücke verfügbar sind“, sagt Schwörer. Daher sollten baureife Flächen stärker besteuert werden, um Spekulation unattraktiver zu machen und die Bautätigkeit anzuregen.

Pressemitteilung: Bundesverband Deutscher Fertigbau e.V.