27. März 2023

Neuer Brandschutz: Umgestaltung der Ehrenhalle im Nürnberger Rathaus

Bei allen neuen Brandschutztüren handelt es sich um Türen im freien Glasumfeld. Hier wird die Zarge nur von dem Glas gehalten, das sie umgibt. (c) Hoba

Adelberg (pm) – Die Ehrenhalle des Nürnberger Rathauses sollte eine Informationsausstellung zur Geschichte des Nürnberger Rathauses erhalten. Gleichzeitig war geplant, die Räumlichkeiten für Veranstaltungen nutzen zu können. Eine spannende Aufgabe, die das Stuttgarter Architekturbüro Space 4 löste, und zudem verbesserte es noch den Brandschutz. Hierbei vertrauten die Planer auf die Türen der Firma Hoba, eines süddeutschen Unternehmens, das sich seit vielen Jahren auf dieses Thema spezialisiert hat.

Nürnbergs historisches Rathaus kann auf eine lange, lebhafte Geschichte zurückblicken. Der Renaissancebau stammt aus der Zeit zwischen 1616 und 1622. Er gilt als eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt. Allerdings wurde das Gebäude während des Zweiten Weltkrieges stark beschädigt und musste in den 1950er-Jahren zu großen Teilen wiederaufgebaut werden. Der Stil dieser Design-Epoche ist noch heute an vielen Orten des Objektes zu erkennen – so auch in der Ehrenhalle. Diese wurde in der Zeit von 2015 bis 2019 überarbeitet. Ziel war es, einerseits hier mit der Ausstellung den Besuchern die Bedeutung und Geschichte des Rathauses zu vermitteln. Andererseits sollten die Räumlichkeiten für Events genutzt werden können. Wobei zu berücksichtigen war, dass die Lochgefängnisse – eine der außergewöhnlichsten Touristenattraktionen Nürnbergs – auch über diese Halle erschlossen werden. Das bedeutete: Es mussten unterschiedliche Anforderungen architektonisch in Einklang gebracht werden.

Mobile Dauerausstellung

Mit dieser anspruchsvollen Aufgabe wurde das Stuttgarter Architekturbüro Space 4 unter der Leitung von Henning Meyer und Jürgen Hess betraut. Die Planer konzipierten eine Ausstellung mit beweglichen Informationselementen und sorgten mit einem speziell angepassten Lichtsystem dafür, dass die Beleuchtungssituation stets auf den jeweiligen Anlass abgestimmt werden kann. Damit durchgehend eine gute Raumluft und Klimatisierung sichergestellt ist, war es außerdem erforderlich, eine neue Lüftungsanlage zu installieren. Um zu vermeiden, dass bei ihrem Einbau die historische Gewölbedecke in Mitleidenschaft gezogen wird, entschieden sich die Planer dazu, diese in den bereits bestehenden Zuluftkanälen zu verlegen. Darüber hinaus erneuerten sie den Eingangstresen mit seiner Umhausung und wählten hierfür eine filigrane Stahl-Glas-Konstruktion.

Brandschutz

Ein wichtiger Aspekt bei der gesamten Planung war das Thema Brandschutz. Da die Räume zu Versammlungszwecken dienen, gelten entsprechende Vorschriften. Das bedeutet, die Planer hatten Brandabschnitte zu schaffen. Gleichzeitig mussten sie die Auflagen des Denkmalschutzes und die Wünsche des Bauherrn berücksichtigen. Beide forderten, dass der architektonische Stil der Sanierung des Rathauses aus den Zeiten des Wiederaufbaus erhalten und erkennbar bleiben soll. Sämtliche neuen Einbauten mussten sich also an den Gestaltungsprinzipien der 50er-Jahre orientieren. Hierzu sagt Jürgen Hess: „Das Design dieser Zeit zeichnet sich dadurch aus, dass es sehr filigran ist. Die Elemente sind sehr dünn bemessen und beim Rathaus kamen vor allem die Materialien Glas, Messing und Aluminium zum Einsatz.“ Bei der Entscheidung, welches Unternehmen die passenden Brandschutztüren liefern sollte, fiel die Wahl auf die Firma Hoba. Architekt und Bauherr kannten das Unternehmen bereits aus anderen realisierten Projekten. Es hat sich auf die Fertigung hochwertiger Brandschutzelemente spezialisiert und arbeitet immer ausgesprochen eng mit den Planern zusammen. Das bedeutet, dass die Beratung jedes Mal absolut individuell auf das jeweilige Bauvorhaben abgestimmt ist. Dies führt dazu, dass selbst große Namen wie Zaha Hadid Architects, Behnisch und Partner, Daniel Libeskind und viele andere mehr auf die Produkte von Hoba vertrauen.

Brandschutztüren

Im Rahmen der Planungsgespräche entschieden die Verantwortlichen, dass insgesamt vier feuerhemmende Türen an unterschiedlichen Stellen des Objektes eingebaut werden. Sie entsprechen der Feuerwiderstandsklasse T30-RS und sind je nach Einbausituation ein- oder zweiflügelig. Bei ihrer Gestaltung orientierten sich die Planer an einer bestimmten Tür, die aus den 50er-Jahren stammte und gut erhalten war. Auf deren Glas zeigte sich ein filigranes Motiv, das die Architekten an mehreren Stellen – zum Beispiel den Brandschutztüren und dem verglasten Empfangsbereich – übernahmen und mit einer Folienbeklebung nachbildeten. Alle neuen Türen sind im freien Glasumfeld gelagert. Bei dieser Hoba-Spezialität sind die Brandschutzelemente so in die in die Verglasung eingebaut, dass die Zargen nur mit dem Boden und dem Glas, welches sie umgibt, verbunden sind. Folglich nehmen diese auch die anfallenden Lasten auf. Und auch die Brandschutzverglasung hat keinen sichtbaren Rahmen, der sie mit dem Gebäude verbindet, sondern ist in das Bestandsmauerwerk eingelassen. Diese Konstruktion verleiht den Elementen eine elegante Leichtigkeit und passt hervorragend zum Stil der 50er-Jahre. Im Gegensatz zu der Tür aus dieser Zeit, deren Rahmen aus Aluminium bestand, entschieden sich die Verantwortlichen dafür, die verglasten Türflügel aus filigranen Edelstahlrahmen und die Zargen der Brandschutztüren aus Holz zu fertigen und mit einer entsprechenden Lackierung (RAL 1035/Perlbeige) zu versehen. So passen sich die neuen Elemente optisch dem Design dieser Zeit an. Alle Türen lassen sich mit Hilfe eines Drehflügeltürantriebs automatisch öffnen. So sind sie auch für gehbehinderte Personen sicher und einfach nutzbar.

Montage

Die Brandschutzelemente wurden von den Mitarbeitern der Schreinerei Norbert Schlesinger aus Aurach eingebaut, diese arbeitet schon seit vielen Jahren eng mit Hoba zusammen. Beim Nürnberger Rathaus mussten sie jedoch viel Muskelkraft mitbringen. Aufgrund der örtlichen Gegebenheiten konnten die Elemente nicht mithilfe von Maschinen an den Einbauort gebracht werden, sondern waren manuell zu transportieren. Eine ordentliche Leistung, wenn man bedenkt, dass ein einziger Türflügel ungefähr 200 Kilo wiegt. Doch der Betrachter sieht schnell, dass sich diese Arbeit absolut gelohnt hat: Und auch Jürgen Hess ist zufrieden. Er sagt: „Die Planung dieses Projekts war eine spannende und zuweilen herausfordernde Aufgabe. Beim Thema Brandschutz standen uns die Mitarbeiter der Firma Hoba hilfreich zur Seite. Derzeit arbeiten wir wieder mit der FA. Hoba im Denkmalschutzbereich.“ Ein größeres Lob kann ein Hersteller von Brandschutzelementen nicht erhalten.

 

Interview mit dem Architekten Jürgen Hess des Architekturbüros Space 4

Die Planungsarbeiten zum Umbau des Rathauses in Nürnberg wurden von dem Architekturbüro Space 4 durchgeführt. Jürgen Hess war einer der leitenden Architekten. In dem folgenden Interview nimmt er Stellung zum Bauen im Bestand

 

Welches sind die Schwerpunktthemen, mit denen sich Ihr Büro beschäftigt?

Unser Team umfasst Gestalter und Gestalterinnen aus den Bereichen Architektur, Innenarchitektur, Design, Grafik und Medien. Wir haben bereits über 200 Projekte in den Bereichen Museumsberatung und -konzeption, Architektur und denkmalgerechte Sanierung, Ausstellungsgestaltung, Grafik- und Mediendesign realisiert.

 

Was ist Ihnen bei der Planung besonders wichtig?

Jedes Projekt beginnt mit einem Ort. Und jeder Ort ist einzigartig. Diese Einzigartigkeit ist unsere Konstante. Wir wollen eine Aufgabe spüren. Deshalb untersuchen wir die Projekte zunächst wie »Tatorte«, erforschen deren Geschichte, versetzen uns in die Gedankenwelten der Handelnden. Wir suchen die Intensität der Eindrücke, bilden uns so eine Haltung heraus – eine Haltung zur Aufgabe, geprägt von der Aufgabe selbst. Wir stülpen sie nicht über das Projekt, sie entsteht aus diesem heraus.

 

Bei dem Rathaus in Nürnberg handelte es sich um ein denkmalgeschütztes Gebäude. Stellte dies eine besondere Herausforderung dar?

Die Aufgaben und Herausforderungen, die sich aus dem Bestand ergeben, bedürfen zunächst einer genauen Definition. Diese erfolgt bei uns stets in enger Abstimmung mit dem Auftraggeber und den zuständigen Behörden. Grundlage dieses Abstimmungsprozesses ist immer das Erstellen einer genauen Analyse des Bestandes. Unser Ziel ist möglichst viel über die Entstehung und den Werdergang des Gebäudes, die Veränderungen zu erfahren und zu dokumentieren.

 

Wie sehen sie die Entwicklung des Arbeitsbereiches Sanierung? Wird seine Rolle in Zukunft steigen, gleichbleiben oder abnehmen? Warum?

Bauen im Bestand, Umnutzung, Instandhaltung und Sanierung sind mithin die nachhaltigsten Schritte, die wir beim Schaffen von Raum einschlagen können, alles Räumliche und Strukturelle ist vorhanden und es bedarf keiner zusätzlichen Energie um diese zu nutzen. Alle Beschäftigung mit dem Anspruch etwas klimaneutraler zu bauen, muss daher zunächst in den Fragen münden:

  • Brauchen wir das wirklich?
  • Können wir nicht etwas vorhandenes Nutzen?
  • Wie kann das mit geringstem Aufwand und unter Achtung des Vorgefundenen geschehen?

Mit der Beantwortung dieser Fragen sollte die erste Prüfung eines jeden Bauvorhabens beginnen. Planer die diese Fragen im Bewusstsein haben, den Auftraggebern die Beschäftigung mit diesen Fragen zumuten, schaffen es entscheidende Weichen für kleine Verbesserungen zu stellen.

 

Worin unterscheidet sich die Herausforderung bei der Planung in einem bestehenden Gebäude von der Planung eines neuen Gebäudes?

Grundsätzlich basiert für uns jegliche Planung auf der Vorarbeit der Ermittlung genauer Grundlagen. Auf den ersten Blick erscheint dies bei Bestandsgebäuden etwas aufwändiger zu sein. In der Zusammenarbeit mit den geeigneten Fachleuten gelingt uns dies. Der Kreis der an der Planung fachlich Beteiligter vergrößert sich dadurch, dies bleibt die gesamte Laufzeit eines Projektes so.

 

Was erwarten Sie von einem Hersteller von Bauelementen? Inwieweit hat Hoba diese Vorgaben erfüllt?

Flexible und anpassbare Produkte entwickeln zu können, denen man nicht ansieht, dass diese die Handschrift eines Gestalters oder Produktdesigners tragen, sondern durch individuelle Anpassung in der Lage sind auf die vorgefundenen Gestaltungshaltung des Bestandes zu reagieren. Dies ist beim Projekt „Sanierung der Ehrenhalle“ im alten Rathaus in Nürnberg gelungen.

 

 

Pressemitteilung: Holzbau Schmid GmbH & Co. KG / Autor: Dipl.-Ing. Claudia El Ahwany