19. April 2024

Die Sandrose von Katar

Beim Bau des Neuen Nationalmuseums von Katar wurde ein visionärer Entwurf grandios umgesetzt – dank deutschem Engineering aus Stuttgart

Um diesen komplexen Entwurf in gebaute Wirklichkeit umzusetzen, waren bei Planung und Umsetzung Höchstleistungen gefordert. Genau an dieser Nahtstelle kamen die Ingenieure von Werner Sobek ins Spiel: Die international agierende Firmengruppe mit Hauptsitz in Stuttgart hatte bereits an vielen anderen komplizierten Großprojekten in Asien, Europa und im Mittleren Osten mitgewirkt. Foto: Andreas Keller, Altdorf

Stuttgart (pm) – Auf den ersten Blick wirkt es wild und zerklüftet, das Neue Nationalmuseum von Katar. Seine Struktur hat das kristalline Gebilde einer Sandrose zum Vorbild. Um diesen komplexen Entwurf des französischen Architekten Jean Nouvel in die gebaute Wirklichkeit umsetzen zu können, waren bei Planung und Umsetzung Höchstleistungen gefordert. Genau an dieser Nahtstelle kamen die Ingenieure von Werner Sobek ins Spiel: Die international agierende Firmengruppe mit Hauptsitz in Stuttgart hatte bereits an vielen anderen komplizierten Großprojekten in Asien, Europa und im Mittleren Osten mitgewirkt. Dies erweckte die Aufmerksamkeit des koreanischen Generalunternehmers, der mit der Ausführung beauftragt war. So kam es, dass deutsches Know-how einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung dieses Großprojekts leisten konnte. Ende März wurde das atemberaubende Bauwerk eröffnet – und gilt schon jetzt eine Ikone des jungen Wüstenstaates Katar. Auf den ersten Blick ist das bizarre Gebäude nicht zu erfassen, das nach dem Entwurf des französischen Stararchitekten Jean Nouvel das neue Nationalmuseum von Katar in sich aufnimmt: Über 400 Meter dehnt es sich zwischen dem Meer und der Innenstadt von Doha und bildet mit 539 ineinander verschachtelten Lamellen die kristalline Struktur einer Sandrose nach.

Gebaute Wirklichkeit

Um eine Vision wie diese zu realisieren, ist vieles gefordert: Mut, Pioniergeist, Innovationskraft, Teamgeist, Durchhaltevermögen und das komplexe Denken in Netzwerken. Sonst könnte geschehen, was die Neue Zürcher Zeitung in einem kürzlich erschienenen Artikel anzudenken wagte: „Dass die Umsetzung so grandios gelingen würde, war bei aller Technikgläubigkeit alles andere als sicher. Der Pfad ist schmal zwischen genialem Entwurf und kläglichem Scheitern“, lautete der Kommentar der NZZ kurz nach der Eröffnung des Museums im März 2019. Kein Wunder, dass die Wahl für die Ausführungsplanung der Fassade deshalb auf Werner Sobek fiel. Das international agierende Ingenieurbüro mit Hauptsitz in Stuttgart ist dafür bekannt, auch sehr ungewöhnliche Entwürfe durch seine Planung realisierbar zu machen. Das Unternehmen hat sich in den vergangenen Jahren mit herausragenden Engineering-Projekten wie dem Heydar Aliyev Center in Baku und dem neuen Terminal des Kuwait International Airport einen Namen gemacht – und wurde deshalb von der koreanischen Baufirma speziell für dieses Projekt im Mittleren Osten rekrutiert.

Die unterschiedlichen Dimensionen

Beim Neuen Nationalmuseum ging es nun darum, die Idee einer Sandrose – eines Kristallgebildes aus Sandkörnern – auf einen gigantischen Gebäudekomplex zu übertragen, der in der Grundfläche etwa 400 x 250 Meter misst und eine Höhe von bis zu 40 Metern erreicht. Das Gebäude selbst setzt sich aus 539 verschiedenen, diskusförmigen Elementen zusammen, die einen Durchmesser von bis zu 87 Metern haben. Diese Disken sind räumlich zueinander versetzt und überschneiden sich teilweise. Die komplexe Geometrie des Außenraums setzt sich auch im Inneren fort und vermittelt ein einzigartiges Raumerlebnis.

Um diesen außergewöhnlichen Entwurf baubar zu machen, wurde Werner Sobek von einem koreanischen Generalunternehmer mit dem Engineering der Gebäudehülle beauftragt. Zum Leistungsumfang zählte dabei auch die Bereitstellung eines Teams auf der Baustelle, das für die Baustellenüberwachung, die Schnittstellenklärung, die Koordination und nicht zuletzt auch für das Vermitteln der Planung an die lokalen Firmen verantwortlich war.

Hohe Komplexität „in den Griff bekommen“

Zentraler Bestandteil des Planungsprozesses war ein gigantisches BIM-Modell (Building Information Modelling), in das alle beteiligten Planer kontinuierlich ihre Daten einspeisten und das dann als Grundlage für die Ausführung diente. „Dank dieses Modells war es möglich, die hohe geometrische Komplexität des Projekts in den Griff zu bekommen“, erläutert Projektleiter Dr.-Ing. Thomas Winterstetter, Vorstand und Partner von Werner Sobek Stuttgart und seit 2018 auch Honorarprofessor der Universität Stuttgart.

Preisgekrönt: die innovative Anwendung der BIM-Technologie

Bereits im Jahr 2016 erhielt Werner Sobek für die innovative Anwendung der BIM-Technologie beim Neuen Nationalmuseum von Katar den BIM Award 2016. Aufgrund der Größe des Projekts und des extrem hohen Detaillierungsgrades (LOD 400) war es zum Zeitpunkt der Umsetzung eines der größten Modelle seiner Art auf der Welt. Das Bauvorhaben erforderte komplett neue Planungs- und Koordinationstechniken; eine Spezialfirma war so z.B. nur für die Abstimmung der BIM-Prozesse zwischen allen Beteiligten zuständig. „Nur durch den andauernden und hochprofessionellen Einsatz aller Beteiligten sowie durch modernste Planungs- und Bautechnik – und nicht zuletzt durch den Weitblick und Mut des Bauherrn – konnte diese herausragende Architekturvision Wirklichkeit werden“, lautet das Resümee von Thomas Winterstetter. Wie geplant wurde das Museum am 27. März 2019 feierlich eröffnet.

Pressemitteilung: Werner Sobek Stuttgart GmbH & Co. KG