Frankfurt am Main (pm) – Der DAM Preis 2025 geht an AFF ARCHITEKTEN für das SPORE HAUS in Berlin: Besonders beeindruckt war die Jury vom Spore Haus, einem Kultur- und Begegnungsort in Berlin-
Neukölln. Seine Positionierung schafft einen kleinen Platz und damit deutlich mehr Aufenthaltsqualität an der ruppigen Hermannstraße. Das Haus selbst ist mit den fließenden Räumen des Foyers, einem Café sowie Veranstaltungs- und Ausstellungsflächen eine Einladung zur Erkundung – auch des rückwärtigen idyllischen Gartens. Der neue Nachbar fällt auf, orientiert sich mit seiner roten Farbe aber zugleich am Backstein der Friedhofsmauern in der Umgebung.





AFF ARCHITEKTEN
Spore Haus, Berlin
Der Standort des Spore Haus in Berlin-Neukölln an der urban-ruppigen Hermannstraße nahe des Tempelhofer Felds und das Ansinnen der Bauherrin, der im Bildungs- und Kultursektor operierenden Schöpflin Stiftung, hier einen öffentlichen Kulturort zu schaffen, machen das Projekt besonders. Das Raumprogramm umfasst Seminar- und Workshopräume sowie Ausstellungsflächen. Das Erdgeschoss dient als vielseitiger »Dritter Ort« mit Foyer, Café und Vortragssaal. Das Gebäude bietet zudem eine Bibliothek, Büros, Ateliers, Gastzimmer und eine Dachterrasse.
Städtebau und Material
Das Spore Haus ist ein gelungenes Beispiel für städtebauliche Integration. Dem Architektenteam gelang eine markante Setzung: Zusammen mit dem Zwillingsbau »Publix« desselben Büros – beide Häuser sind Wettbewerbsgewinne – fasst der Neubau ein altes Friedhofsportal und schafft durch Rücksprünge kleine Plätze und damit eine neue Aufenthaltsqualität. Außerdem konnte so ein Lichtfeuermast aus der Zeit der Rosinenbomber berücksichtigt werden. Teils aus rot gefärbtem Beton, teils verklinkert, fügt sich der Bau harmonisch in den historischen Kontext ein. Das Materialkonzept setzt auf robuste, unbeschichtete Oberflächen und Recycling-Elemente wie wiederverwendete Ziegel oder ein Schattendach aus Schalungsbalken. Es ist eine belastbare Architektur entstanden, die be- und genutzt werden darf und Gebrauchsspuren verzeiht.

Architektur und Atmosphäre
Raumhohe Verglasungen verbinden das Gebäude mit dem Stadtraum und dem Grünbereich hinter dem Haus. Sie führen in die ineinander übergehenden Bereiche des Erdgeschosses. Das Tragwerk der auffälligen Sichtbetonrippen zeichnet die Lastverteilungskurven nach und ermöglicht stützenfreie Räume.
Verstärkt wird die schöne Atmosphäre durch die eleganten, bewährt-gebrauchten Interieurs wie Schalen alter Schulstühle, die auf die Sitzstufen im Vortragssaal montiert sind. Das Projekt ist ein Ergebnis des inspirierenden städtebaulichen Kontexts und eines großzügigen Budgets. Es zeigt, dass Architektur auch ohne offensichtliche Vorbilder erfolgreich sein kann. Das Spore Haus steht als Beispiel für eine gelassene und einladende Architektur, die die Schwellenangst mindert und die Nachbarschaft einbindet. Das Gebäude überzeugt durch seine städtebauliche Integration, robuste Materialwahl und die Verbindung von Architektur und Kultur.
(Originaltext: Peter Cachola Schmal)





Stimmen aus der Jury
„Es ist ein archaisches und kraftvoll schönes Haus, das sich in einem Kontext behaupten kann, wo Chancen und Chancenlosigkeit nahe beieinanderliegen. Die wunderbar komponierten Vorplätze und das atemberaubende Erdgeschoss sagen: Ich bin ein öffentlicher Ort.´ Hinten ist fast so etwas wie eine Idylle entstanden. Ein Glücksfall.” (Regula Lüscher)
“So geht zeitgenössische Architektur – als offenes und einladendes Haus, mit diversen Nutzungsangeboten und möglichst vielen recycelten Materialien. Bauherrschaft und Architekten ist ein kleines Meisterwerk gelungen, das hoffentlich viele Nachahmer findet.” (Dijane Slavic, Dr. Uwe Bresan)
“Selten kommen in der Architekturwelt so viele gute Dinge zusammen: eine philanthropische Stiftung, kreative Nutzer, experimentierfreudige Architekten – und die Hermannstraße. Das Haus ist Produkt eines großen Ideenreichtums und dem Drang zum künstlerischen Experiment aller Beteiligten an einem Ort, der genau das gut vertragen kann.” (Max Hacke)
“Selbstbewusst und selbstverständlich zugleich steht dieSpore´ zusammen mit dem zweiten Bauabschnitt des Hauses `Publix´ im Straßenraum der Hermannstraße und formuliert den Eingang zu dem benachbarten Friedhofsgelände. Im Inneren spürt man überall eine oft erfrischende Freude am Detail.” (Volker Staab)
“Der Bau schafft einen markanten Ort für kulturellen Austausch. Mit seinem variablen Konzept und seiner offener Gestaltung wird er in und über seine Nachbarschaft hinaus wirken.” (Andres Lepik)
“Endlich wieder ein Gesamtkunstwerk!” (Oliver Elser)
“Die ‘Spore’ ist ein wirklich großzügiges Haus, programmatisch und architektonisch. Es hat eine positive Wirkung im Inneren und nach außen, und man spürt den Spaß am Gestalten in jedem Detail.” (Gustav Düsing)
“Dieses Haus ist wie eine Zelle im urbanen Gewebe – eine Oase und eine Plattform für Gemeinschaft und kreativen Austausch.” (Kyung-Ae Kim)
“Hier ist die Kraft der Architektur zu sehen, einen Ort zu schaffen – der gekommen ist, um zu bleiben. Er
will und er wird ein guter Nachbar sein, und er wird die Nachbarschaft prägen, auf sehr bereichernde
Weise.” (Peter Cachola Schmal)
DAM PREIS 2025 – DIE FINALISTEN IM DETAIL
BOGEVISCHS BUEROARCHITEKTEN & STADTPLANER
Generalsanierung Sophie-Scholl-Haus, München
Wohnraumnot
In München, der teuersten Stadt Deutschlands, liegt der Median-Mietpreis bei 25 Euro pro Quadratmeter. Die Wohnraumnot ist enorm; das Studierendenwerk verteilt knapp 9.000 Wohnungen auf 12.000 Wartende jährlich. Vier bis fünf Wartesemester sind auch für das vorbildlich sanierte Sophie-Scholl-Haus die Regel. Dort kostet ein Einzelapartment zwischen 382,90 und 455,50 Euro Warmmiete pro Monat.
Die Studentenstadt Freimann
Ende der 1950er Jahre entwickelten Münchner Hochschulen und das Studentenwerk ein Konzept für eine Studentensiedlung, inspiriert von der Cité Internationale Universitaire de Paris. Acht Hektar in Schwabing-Freimann wurden zur Verfügung gestellt. Ab 1961 wuchs die Wohnanlage als Siedlung mit sozialpolitischer und architekturhistorischer Bedeutung. Sie teilt sich auf in eine »Altstadt« mit niedriggeschossigen Gebäuden und in die 1974 bis 1975 fertiggestellte »Neustadt« mit fünf bis zu 19 Geschosse hohe Bauten im Stil der brutalistischen Moderne.
Sanierung und Umbau
Die Generalsanierung des Sophie-Scholl-Hauses setzt Maßstäbe für die Ertüchtigung von 1970er-Jahre-
Bauten. Besondere Herausforderungen waren asbesthaltige Bauteile sowie baukonstruktive und bauphysikalische Mängel. Das Architektenteam schlug die alte Balkonkonstruktion mit ihren monolithischen Kragträgern dem Gebäudeinneren zu. Die Gesamtwohnfläche vergrößerte sich dadurch von gut 3.900 auf über 4.720 Quadratmeter – jedes der 426 Apartments gewann zwei Quadratmeter hinzu. Die neuen Fluchtbalkone aus verzinkten Gitterrosten ermöglichen vertikale und horizontale Kommunikation und mehr Tageslicht. Die halbgerundeten Betonfertigteile an den Wohnungseingängen wurden gereinigt. Die Schalungsmaserung sorgt für robuste Eleganz in den langen Fluren, die dank neuer kleiner Fenster Blickkontakt in die Küchen ermöglichen. Der Haupteingang und das Foyer sind durch entfernte Wände nun großzügiger, das Treppenhaus ist in Betonästhetik belassen.
(Originaltext: Katharina Matzig)
HABERMANN ARCHITEKTUR
Kulturweberei, Finsterwalde
Das Ensemble
Die Kulturweberei besteht aus der Alten Weberei, einem noch unrenovierten dreigeschossigen Industriebau, und einem Konglomerat direkt aneinanderstoßender Bauten wie einem denkmalgeschützten Kesselhaus mit markantem Schornstein und einer Schlosserei. Besonders auffällig sind die Gebäudeteile mit den roten Ziegelfassaden. Die Ziegelsteine, technisch gesehen sind es Riemchen, werden mit einem Raster aus dünnen Metallprofilen gerahmt. Die Trakte erinnern wegen dieses Ziegel-Stahlrahmen-Motivs an berühmte Industriedenkmäler, wurden jedoch neu errichtet.
Die neue Nutzung
Der straßenseitige Block gibt dem Ensemble eine neue Adresse und beherbergt den Ticketverkauf, Büros und eine historische Webmaschine. Der größere Block im Inneren des Grundstücks umfasst den neuen Konzertsaal mit für eine Stadt mit 16.000 Einwohner großzügigen 640 Plätzen. Der Saal ist je nach Bedarf teilbar und ermöglicht unterschiedliche Klangsituationen. Dafür sorgen textil ummantelte Prismen an den Wänden und ein System aus Mikrofonen und Lautsprechern. Die fragile, etwa 30 mal 20 Meter große Shedhalle, die heute als Foyer dient, konnte nur teilweise erhalten werden. Die Stahlstützen wurden bewahrt, die hölzerne Sheddach-Konstruktion wurde im selben Material rekonstruiert.
Stadt- und Konzerthalle
Es ist fast ein kleines Wunder, dass der Bau überhaupt zustande kam. Nach dem Wettbewerb 2012 geriet das Vorhaben in die Mühlen der Kommunalpolitik. 2016 fand eine Volksabstimmung statt, in der sich eine Mehrheit für den Bau aussprach. Nach dem Ortsbesuch diskutierte die Jury die Architektur zwar kontrovers. Aber alle waren sich einig: Das Projekt lebt vom ansteckenden Teamgeist in Finsterwalde, getragen von der Stadt, dem Veranstaltungsmanagement und vom Entwurf des Architektenteams. In den kommenden Jahren soll auch die Alte Weberei saniert und kulturell genutzt werden, um den Komplex noch weiter zu öffnen.
(Originaltext: Oliver Elser)
PETER HAIMERL . ARCHITEKTUR
Clusterwohnen Wabenhaus, München
Das Prinzip Wabe
Der Wohnungsbau in der Messestadt Riem ist überwiegend von Monotonie geprägt. Dann, an der Den-
Haag-Straße, kommt das Wabenhaus in den Blick: Das kräftige, aber maßstäblich angenehme Gebäude prägt den Stadtraum und schafft einen unverwechselbaren Ort. Das Prinzip der Wabe ist nicht zu übersehen; es bestimmt die äußere Erscheinung und das räumliche Konzept gleichermaßen.
Experimentelles Wohnen
Am Anfang bestand Skepsis, ob die geometrische Gestaltung mehr Zwänge als Qualitäten mit sich bringt. Aber sobald man die Schwelle überschritten hat, überwiegt das Gefühl der Selbstverständlichkeit. Der Raumeindruck weitet sich durch die Auflösung der Vertikalen in den raumbegrenzenden Wänden erstaunlich. Das modulare Prinzip der Waben entfaltet eine hohe Plausibilität, besonders bei kleinen Zweizimmerwohnungen, die sich über zwei Elemente erstrecken. Da die Winkel der Waben aus der Geometrie des Steigungsmaßes der Verbindungstreppen entwickelt sind, verbinden sich in einer Split-Level-Einheit Schlaf- und Wohnraum zu einem großzügigen Gesamtraum. Maß- geschneiderte Möbel, raumhohe Verglasungen und Loggien verstärken das groß- zügige Raumgefühl.
Eine Himmelsleiter im Zentrum
Die zentrale zweiläufige Treppe verbindet himmelsleiterartig alle Wohnungsgeschosse und endet in einer Gemeinschaftsterrasse. Diese effiziente Erschließung hat jedoch den Nachteil der fehlenden Barrierefreiheit, die erst über das benachbarte Gebäude mit Verbindungsbrücken möglich ist. Da das Haus ein genossenschaftliches Projekt ist, gibt es weitere gemeinschaftlich genutzte Bereiche wie eine Küche und einen Gemeinschaftsraum. Auch wenn das Wabenhaus nicht alle Fragen des zukünftigen Wohnungsbaus beantwortet und sich nicht jeder in dieser räumlichen Eigenart zu Hause fühlen wird, liegt das Beispielhafte dieses Gebäudes in seinem Mut, uns zu zeigen, dass Wohnen jenseits des Gängigen machbar ist und vor allem erfrischend sein kann.
(Originaltext: Volker Staab)
ÜBERSICHT ALLER AUSGESTELLTEN BAUTEN
AFF ARCHITEKTEN PREISTRÄGER
Spore Haus, Berlin
ALEXANDER POETZSCH ARCHITEKTUREN
Integratives Familienzentrum des Deutschen Kinderschutzbund e. V., Dresden
ALINE HIELSCHER ARCHITEKTUR
Umbau einer Telefonzentrale zur Campus-Kita, Merseburg
BÄCHLEMEID ARCHITEKTEN STADTPLANER
Feuerwehr und Kindertagesstätte, Waldshut-Tiengen
BLRM MIT BRUNO FIORETTI MARQUEZ
Wohnanlage mit Gewerbe und Kita, Berlin
BOGEVISCHS BUERO FINALIST
Sphie-Scholl-Haus, Sanierung Studierendenwohnheim, München
BRÜCKNER & BRÜCKNER
Ins Licht | Fortschreiben der Christuskirche, Neumarkt i. d. Oberpfalz
DGJ ARCHITEKTUR
Wohnprojekt “Gemeinsam Suffzient Leben”, Frankfurt am Main
DGJ ARCHITEKTUR
Collegium Academicum, Studierendenwohnheim, Heidelberg
GERNOT SCHULZ : ARCHITEKTUR
Gymnasium Langenhagen, Langenhagen
GMP · ARCHITEKTEN VON GERKAN MARG UND PARTNER
Pressehaus am Alexanderplatz, Berlin
HABERMANN ARCHITEKTUR FINALIST
Kulturweberei, Finsterwalde
HESS/TALHOF/KUSMIERZ
Umweltbildungszentrum, Augsburg
HOLZER KOBLER ARCHITEKTUREN
Erlebnis-Hus, St. Peter-Ording
HÜTTEN & PALÄSTE
U-Halle, Mannheim
KO/OK ARCHITEKTUR
Maschinenhalle Connewitz, Leipzig
PROF. MAX OTTO ZITZELSBERGER
Lernhaus für Umweltbildung, Nabburg
PETER GRUNDMANN ARCHITEKTEN
Haus Fügener, Leipzig
PETER HAIMERL . ARCHITEKTUR FINALIST
Clusterwohnen Wabenhaus, München
SCHRAMMEL ARCHITEKTEN STADTPLANER
Sanierung und Erweiterung Zentralbibliothek, Mönchengladbach
SOPHIE & HANS
Café Leo, Berlin
SUMMACUMFEMMER ARCHITEKT*INNEN
Wohnhaus, Sanierung und Umbau, Radebeul
THOMAS KRÖGER ARCHITEKTEN
Heimschule und Therapiezentrum, Baiersbronn
ARCHITEKTUREXPORT
C/O NOW
Diouwanem Diammaguen, Wohnhaus, Dakar, Senegal
JULIAN BREINERSDORFER ARCHITEKTEN MIT JOSÉ BAGANHA ARQUITETOS + ANGELA
MAURICE ARQUITECTOS
Factory Lisbon, Lissabon, Portugal
Ausstellung
1.Februar – 27. April 2025
Deutsches Architekturmuseum im
DAM OSTEND
Henschelstraße 18, 60314 Frankfurt a. M.
Quelle: Deutsches Architekturmuseum (DAM)