Berlin (pm) – Begleitend zum neuen „Berliner Lern- und Teamhäuserkonzept“ mit dem Berlin den Abschied von der „Flurschule“ vollzieht, hat die Architektenkammer Berlin eine passende Fortbildungsreihe entwickelt, um ihre Mitglieder auf die kommenden Aufgaben optimal vorzubereiten. Im Rahmen der Auftaktveranstaltung m 16.5.2018 forderte Kammerpräsidentin Christine Edmaier offene und transparente Planungsprozesse, Vergabeverfahren und Partizipation für die Umsetzung dieser neuen pädagogischen Baukultur. Mark Rackles, Staatssekretär der Schulsenatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie, erläuterte das ehrgeizige Programm mit dem Versprechen, dass die Qualität der neuen Schulen auch für ihn Priorität habe. Stefanie Frensch, Geschäftsführerin der HOWOGE, wies darauf hin, dass sich das landeseigene Unternehmen als Projektmanager für den übernommenen Anteil an Schulen verstehe und nach gleichen Transparenzanforderungen bei der Vergabe arbeiten würde wie andere öffentliche Bauherren. Die Senatsbaudirektorin Regula Lüscher schließlich versprach für alle Schulneubauten Wettbewerbe, unter den vielfältigen Vergabeverfahren werde es auch offene Wettbewerbe geben, um kleinere und jüngere Architekturbüros am Prozess zu beteiligen.
Die Ergebnisse der vom Senat initiierten Facharbeitsgruppe Schulraumqualität zeigen, dass die neuen pädagogischen Anforderungen und die seit Frühjahr 2018 vorliegenden Musterraumprogramme nicht nur die Schulbau- und Bildungslandschaft, sondern auch die Stadtquartiere nachhaltig prägen werden. Gemeinsam haben alle Beteiligten eine neue pädagogische Baukultur erarbeitet, die sich im Bau von an die 60 neuen Schulen, aber auch in der Anpassung von Bestandsgebäuden wiederfinden soll. Dieses ambitionierte Vorhaben ist bundesweit einzigartig, wie Rainer Schweppe erklärte, der in München für das dortige Schulbauprogramm verantwortlich war und in Berlin die Leitung der Facharbeitsgruppe Schulraumqualität übernahm.
„Wir freuen uns, dass der Berliner Senat bei der Erarbeitung des Konzepts für die neuen Berliner Lern- und Teamhäuser auch auf die Expertise der Berliner Architektenschaft vertraut hat. Das große Interesse in der Architektenschaft zeige, dass man sich vorbereite, um nachhaltige und qualitätsvolle Schulgebäude zu realisieren. Dieser Prozess muss von Anfang an mit einem hohen kreativen Anspruch für bestmögliche Resultate begleitet werden“, sagte Christine Edmaier, Präsidentin der Architektenkammer Berlin.
Die Architektenkammer übernimmt dabei Verantwortung und bereitet die Berliner Architektenschaft mit einer neuen Fortbildungsreihe auf die Herausforderungen zum Schulbau vor. In drei Teilen werden jeweils Neubauten, Schulen im Bestand und Typenbauten in den Fokus gestellt und baulichen Maßnahmen zur Umsetzung des Lern- und Teamhäuserkonzepts vermittelt. Weitere Inhalte zu Materialien, Farbe, Licht und Akustik sowie Brandschutz, Haustechnik und Lüftung sind geplant.
„Das kreative Potential vieler unterschiedlicher Planungsbeteiligter muss in den kommenden Jahren auch in der Konzeptumsetzung genutzt werden“, so Christine Edmaier weiter. „Zur Qualitätssicherung und zur Findung der intelligentesten und wirtschaftlichsten Lösung erwarten wir offene und transparente Planungsprozesse, Vergabeverfahren und Partizipation bei den einzelnen Projekten. Dabei darf die Verlagerung von Schulbauaktivitäten in eine landeseigene Gesellschaft keinesfalls zu einem Verlust des öffentlichen Einflusses und der Qualität führen. Das Thema Schulbau bleibt eine gesamtgesellschaftliche, das heißt sowohl bildungs- als auch baupolitische Aufgabe.“
Sie empfahl, gerade wenn es schnell gehen solle, nicht von bewährten Planungsprozessen abzuweichen und stattdessen auf vermeintliche Wunderwaffen wie Generalplaner und -übernehmer sowie den schlüsselfertigen Einkauf vorgefertigter Schulbauten zu setzen. „Vergaberichtlinien sollen der Transparenz dienen sowie Korruption und Marktverengungen verhindern. Nicht zuletzt die Lehren aus der Vergangenheit zeigen, dass solche scheinbar einfachen neuen Lösungsmodelle auch schwer daneben gehen können, mit langfristig negativen Folgen“, erläuterte die Präsidentin der Architektenkammer Berlin.
Für die Umsetzung der Schulbauoffensive veranschlagt die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie eine Investitionssumme von ca. 5,5 Mrd. Euro bis 2026. „Angesichts des Neubau- und Instandsetzungsstaus der vergangenen Jahre ist dies auf den ersten Blick eine enorme Summe. Für die neuen Schulen in Berlin sollten aber nicht die Erstellungskosten, sondern die langfristige Zufriedenheit der Lernenden und Lehrenden als Nutzer, sowie die Lebenszyklusbetrachtung und die Nachhaltigkeit der Konstruktionen und Materialien im Vordergrund stehen. Zudem übertreffen die Kosten, die in der Nutzungsphase anfallen, bei weitem die Baukosten eines Schulgebäudes“, so Christine Edmaier.
In der anschließenden Diskussion konnte Stefanie Frensch, Geschäftsführerin der HOWOGE, deutlich machen, dass sich das landeseigene Unternehmen als öffentlicher Bauherr betätige und es keinesfalls um eine Privatisierung von Schulen gehe, zumal die Grundstücke in Erbpacht vergeben werden. Regula Lüscher, Senatsbaudirektorin, wies darauf hin, dass vielfältige Vergabeverfahren geplant seien. Auf Nachfrage sagte sie auch offene Wettbewerbe zu. Damit würde die Beteiligung von jungen und kleineren Architekturbüros, die fast 80 Prozent der Bürostruktur in Berlin ausmachen, gewährleistet. Sie selbst freut sich auf das Schulbauprogramm und hofft dass Berlin bei diesem Thema bald eine Vorreiterrolle übernehmen könne.
Das Positionspapier zur Schulbauoffensive steht auf der Webseite der Architektenkammer zum Download bereit. Weitere Informationen zur Fortbildungsreihe sind im Fortbildungskalender abrufbar.
Pressemitteilung: Architektenkammer Berlin