29. März 2024

Architektenkammer Berlin: Wie kommen wir zu schönen Hochhäusern in Berlin?

Berlin (pm) – Hochhäuser sind weithin sichtbar und deswegen ist ihre Architektur und ihr Erscheinungsbild keine Privatangelegenheit, sondern betrifft öffentliche Interessen. Zwar kann man darüber diskutieren, ob Architektur Geschmackssache ist, unzweifelhaft aber gibt es Bauten, bei denen sich nahezu alle einig sind, dass sie an einem Standort nicht passen. Besonders umstritten ist derzeit das Hochhaus „Edge East Side“ nahe der Warschauer Straße.

Mit diesem hat sich das Berliner Baukollegium gleich mehrfach befasst und musste zuletzt feststellen, dass es keine rechtssichere Handhabe gegen unpassende oder gestalterisch fragwürdige Bauten gibt. Und so hat der Vorstoß des zuständigen Bezirksstadtrates Florian Schmidt wenig Chancen vor Gericht zu bestehen. Doch was lernen wir daraus für die Zukunft?

Im Falle des Hochhauses „Edge East Side“ gab es wie so oft keinen „ordentlichen“ Wettbewerb mit einer unabhängigen Jury, was die Architektenkammer Berlin regelmäßig moniert. Stattdessen wurden lediglich drei ausgewählte Büros vom Investor mit konkurrierenden Entwürfen beauftragt. Oft werden solche Verfahren auch in den Medien fälschlich als „Wettbewerbe“ bezeichnet. Der Unterschied zwischen einem „echten“, nach den Regeln der Richtlinie für Planungswettbewerbe (RPW) durchgeführten Wettbewerb, und einem eingeladenen Gutachten besteht neben der Anzahl und Auswahl der Teilnehmer insbesondere in der Unabhängigkeit der Jury. Denn Baukultur ist immer auch Verfahrens- und Prozesskultur. Die Möglichkeit, im Wettstreit der Ideen mithilfe einer kompetenten und unabhängigen Jury das beste Projekt zu suchen, ist nach wie vor das sicherste und seit langem bewährteste Verfahren zur Sicherung von Baukultur und Architekturqualität. Nicht zuletzt hat das Ergebnis damit eine sehr hohe Verbindlichkeit.

Deshalb sollten sich politische Verantwortungsträger und leitende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung nicht immer wieder auf die „kleinen konkurrierenden Verfahren“ einlassen, und sie durch ihre Mitwirkung adeln. Denn wenn man an der Entscheidung beteiligt war, ist es hinterher schwer, davon zurückzutreten.

Der Hinweis, das Hochhausleitbild sei noch nicht in Kraft, ist in Bezug auf die Genehmigung des „Edge East Side“ zwar richtig. Es gilt jedoch genau hinzusehen, ob in der Frage der städtebaulichen und architektonischen Qualität durch sein Inkrafttreten eine echte Verbesserung zu erwarten ist. Denn das Hochhausleitbild fordert zwar zunächst für alle Hochhäuser „prinzipiell“ regelkonforme Wettbewerbe nach RPW, was sehr zu begrüßen ist. Das wurde jedoch von Investorenvertretern bereits kritisiert und so lässt die Senatsverwaltung nun offen, ob das Wort „prinzipiell“ bedeutet grundsätzlich, also in allen Fällen, oder nur „im Prinzip“, also in den meisten Fällen. Hier sollte schon aus Gründen der Gleichbehandlung die eindeutige Regelung gelten, dass bei Hochhäusern immer Wettbewerbe nach RPW durchgeführt werden müssen. Das gilt dann gleichermaßen für ein Amazon-Hochhaus in Friedrichshain wie für den gemeinwohlorientierten, geplanten Woho-Turm an der Möckernstraße in Kreuzberg, der vom Investor als „Anti-Amazon“-Turm bezeichnet wurde.

Für das Amazon-Hochhaus selbst ist es nun wahrscheinlich zu spät – es sei denn, dass sich auch auf Investorenseite die Einsicht durchsetzt, dass man sich langfristig mit der juristisch noch so korrekten Durchsetzung eines so umstrittenen Gebäudes keinen Gefallen tut.

Pressemitteilung: Architektenkammer Berlin